Beschädigung eines Flugzeuges durch Gepäckwagen kein außergewöhnlicher Umstand nach Art. 5 Abs. 3 Verordnung (EG) 261/2004
BGH, Urteil vom 20.12.2016 – X ZR 77/15
Grundsätzlich haben die Fluggäste im Falle einer Ankunftsverspätung von mindestens drei Stunden einen Anspruch auf Ausgleichszahlung in entsprechender Anwendung der Art. 5 Abs. 1 lit. c), Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 S. 1 lit. c) Verordnung (EG) 261/2004.
Gemäß Art. 5 Abs. 3 Verordnung (EG) 261/2004 ist das ausführende Luftfahrtunternehmen aber nicht verpflichtet Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.
Der Bundesgerichtshof hatte nun zu entscheiden, ob die Beschädigung eines sich auf einer Parkposition befindlichen Flugzeugs durch die Kollision mit zwei Gepäckwagen, die nicht hinreichend gegen unkontrolliertes Wegrollen gesichert und durch den Turbinenstrahl eines anderen Flugzeugs in Bewegung versetzt wurden, einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Verordnung (EG) 261/2004 darstellt.
Der Bundesgerichtshof hat das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands nach Art. 5 Abs. 3 Verordnung (EG) 261/2004 verneint und einen Ausgleichsanspruch der Fluggäste gegen das Luftfahrtunternehmen bejaht.
Außergewöhnliche Umstände sind nur solche Umstände, die außerhalb dessen liegen, was üblicherweise mit dem Ablauf der Personenbeförderung im Luftverkehr verbunden ist oder verbunden sein kann. Es handelt sich um ein Ereignis, welches nicht zum Luftverkehr gehört, sondern in der Regel von außen kommt. Ein Umstand, der im Zusammenhang mit einem dem Luftverkehr störenden Vorfall auftritt, ist nur dann außergewöhnlich im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Verordnung (EG), wenn er auf ein Vorkommnis zurückgeht, das nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens ist und aufgrund seiner Natur von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen ist.
Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass die Kollision eines Flugzeugs mit einem Gepäckwagen als ein Ereignis anzusehen ist, das Teil der normalen Ausübung eines Luftfahrtunternehmens ist. Gepäckwagen werden bei der Beförderung von Fluggästen im Luftverkehr notwendigerweise eingesetzt, mithin die Luftfahrtunternehmen regelmäßig mit Situationen konfrontiert sind, die sich aus dem Einsatz solcher Fahrzeuge ergeben.